Die heiligen Stätten des Westjordanlands

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Bethlehem - Jesus Geburtsort hinter dem Grenzzaun

Der Grenzzaun zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde

Bisher hatte ich im Westjordanland nur die Zone C besucht, die 59 % des Westjordanlands umfasst und vollständig unter israelischer Militärkontrolle steht. Am Freitagmorgen machte ich mich auf den Weg, um die heiligen Stätten des Westjordanlands in Bethlehem und Jericho zu besuchen. Die Städte befinden sich in der Zone A und werden vollständig von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrolliert. Schilder warnen Israelis vor dem Betreten der Gebiete. Für Touristen sind die Zone A und B, solange sie sich von Ausschreitungen fernhalten, sicher. Die Bewohner des Westjordanlands freuen sich über Touristen und ihre harten Dollars. Mein ursprünglicher Plan sah vor, dass ich mit dem Mietwagen die Städte im Westjordanland besuchen wollte. Da ich mit dem Wagen nur in der Zone C versichert war, entschied ich mich für eine geführte Tour von Jerusalem aus.

Am frühen Morgen machte ich mich auf den Weg zum Treffpunkt in der Nähe der Altstadt und wir fuhren mit dem Bus in Richtung Bethlehem und überquerten die Grenze. In Bethlehem angekommen, stiegen wir am acht Meter hohen Grenzzaun auf palästinensischer Seite aus. Die Mauer ist mit Graffis des berühmten Künstlers Banksy bemalt, die die Besatzung des Westjordanlands durch Israel persiflieren. Bis in die 90-er Jahre konnten Palästinenser und Israelis ohne große Hindernisse ins Westjordanland ein- und ausreisen. Viele Palästinenser arbeiteten in Israel und Israelis fuhren zum Einkaufen ins nahegelegene Bethlehem. Die Situation änderte sich spätestens mit dem Beginn der zweiten Intifada, als palästinensische Selbstmordattentäter hunderte Israelis ermordeten. Die Israelis reagierten mit Militäraktionen im Westjordanland. Israel beschloss daraufhin den Bau eines Grenzzauns, der an relevanten Stellen, wie z.B. in Bethlehem eine acht Meter hohe Schutzmauer gegen Scharfschützenangriffe umfasst. Während die israelische Linke das Vorhaben begrüßte, da es eine zwei Staaten Lösung näher brachte, kritisierten die israelischen Siedler im Westjordanland den Bau. Sie wollten nicht außerhalb der Grenzen Israels leben. Der Grenzzaun verursachte in mir ein beklemmendes Gefühl: Auf der einen Seite empfand ich Mitgefühl mit den Palästinensern, die in ihrem Gebiet sozusagen gefangen waren und deren Zukunft wenig Hoffnung versprach. Auf der anderen Seite verstand ich das israelische Bedürfnis nach Sicherheit. Die Nachrichtenbilder während der zweiten israelischen Intifada, mit mehreren hundert Toten israelischen Zivilisten und tausenden Toten Palästinensern blieben mir aus meiner Schulzeit in tiefer Erinnerung.

Die Geburtskriche, die Milchgrotte und das Hirtenfeld in Bethlehem

Dass Palästinenser sehr wohl etwas aus ihrer Zukunft machen können, zeigt das Beispiel unseres Tourguides, ein christlicher Araber aus Palästina. In perfektem Englisch erzählte er uns die Geschichte Bethlehems. Sein eigentliches Ziel war allerdings, uns arabische Wörter beizubringen, teilweise sogar mit Erfolg. Yallah, auf Deutsch „HopHop“ hat sich seitdem in mein Gedächtnis eingebrannt. Wir fuhren weiter zur Geburtskirche. Sie soll direkt über dem Ort von Jesus Geburt stehen und wurde 326 n. Chr. von Kaiser Konstantin errichtet und ist das Hauptziel von Pilgern, die nach Bethlehem kommen. Im Hauptschiff führt ein Gang hinunter zur Geburtsgrotte. Wir hatten Glück und es war keine Schlange vorhanden. In der Hochsaison beträgt die Wartezeit teilweise über eine Stunde. Der Ort, an dem Jesu geboren wurde, ist durch eine 14 zackigen, silbernen Stern gekennzeichnet. In der Krippe ist die Geburtsszene Jesu dargestellt. Als die Perser 614 n. Chr. Jerusalem eroberten, verschonten Sie die  Grotte, weil die drei Weisen in traditioneller persischer Kleidung gekleidet waren.

In Bethlehem besuchten wir ebenfalls die Milchgrotte. Der Legende nach sollen Josef und Maria bei ihrer Flucht nach Ägypten hier eine Pause gemacht haben, um ihr Baby zu stillen. Als ein Tropfen Milch auf den Boden fiel, färbte er sich weiß.

Im Zentrum der Stadt, wo auch die berühmte Mitternachtsmesse zu Weihnachten stattfindet, war der Weihnachtsbaum bereits errichtet. Der Platz war zu dem Zeitpunkt am frühen Morgen, im Gegensatz zum Weihnachtsabend, fast menschenleer.

Bevor wir zum Hirtenfeld weiterfuhren, konnten wir die von unserem Reiseführer hochgelobten palästinensischen Falafeln probieren. Sie schmeckten tatsächlich gut, auch weil ich inzwischen einen Mordshunger hatte. In der östlich von Bethlehem gelegenen Gemeinde Bait Sahur befindet sich die Stelle, an der Hirten die Geburt Jesus verkündet wurde. Besonders eindrucksvoll sind die Höhlen, in denen die Hirten im Jahre Null vor wilden Tieren Zuflucht suchten.

Bevor wir Bethlehem in Richtung Jericho verließen, bewahrheitete sich ein typisches Klischee der ansonsten gut geführten Tour. Wir stoppten in einem Souvenirladen der Familie des Reiseführers und wurden mit einem heißen Tee begrüßt. Einige von uns kauften ein paar der sehenswerten Schnitzereien, bevor wir weiter in Richtung Jericho fuhren.   

Jericho - Die älteste Stadt der Welt

Qasr Al-Yahud - Jesus Taufe am Jordan

Kurz hinter Jerusalem erreichten wir die Höhe des Meeresspiegels. Von hier aus geht es abwärts bis zum 400 Meter tiefer gelegenen Toten Meer, dem tiefsten Punkt der Welt. Kurz vor dem Toten Meer wurde unsere Gruppe aufgeteilt. Ein Teil fuhr zum Toten Meer, der andere nach Qasr al-Jahu, der Taufstelle Jesus am Jordan. Der Jordan ist heute nur noch ein kleiner Grenzfluss zwischen Israel und Jordanien. Er trocknet immer weiter aus, da sowohl Jordanien als auch Israel ihm Wasser entnehmen.

In den letzten Jahren ist eine Diskussion darüber entbrannt an welcher Seite des Flusses Jesus getauft wurde, da jeweils eine Seite von Jordanien und Israel kontrolliert werden. Pilger kommen an diese Stelle, um sich taufen zu lassen. Wenn man die Stelle von israelischer Seite betreten möchte, muss man erstmal an einem Minenfeld vorbeifahren.

Obwohl wir in der Nebensaison da waren, konnten wir beobachten wie Mutter und Tochter einer amerikanischen Familie in weißen Gewändern gekleidet in den Jordan eintauchten. Auch von jordanischer Seite, keine zehn Meter von uns entfernt, betraten Touristen barfuß den Jordan. Ich tat es ihnen gleich, hielt mich aber nur in dem flachen Wasser auf um mich zu entspannen, bevor wir uns wieder auf den Weg ins nahe gelegene Jericho machten. Dabei wurden wir von schwer bewaffneten jordanischen und israelischen Soldaten beobachtet.

Jericho - über 10.000 Jahre Stadtgeschichte

Jerusalem ist für europäische Verhältnisse schon eine uralte Stadt. Neueste Ausgrabungen beweisen, dass im Ostteil der Stadt schon vor 7.000 Jahren Menschen lebten. Für Jericho ist das kein Alter. Bereits 10.000 v. Chr. siedelten Menschen in der Stadt und 8.300 v. Chr. existierten erste Stadtmauern. Die Ausgrabungen der Ruinen des können am Tel Es- Sultan besichtigt werden, wo die Jahrtausende alten Kulturen, die die Stadt bevölkerten begraben liegen und teilweise bei Ausgrabungen ans Licht gebracht wurden. Hier finden sich die ältesten Treppenstufen der Welt und die Überreste eines Turms aus dem Jahr 8.000 v. Chr.. Jericho wird in der Bibel mehrmals erwähnt. Z.B. handelt es sich um die erste Stadt, die die Israeliten nach ihrer 40-jährigen Wanderung durch die Wüste eroberten. Durch den Lärm ihrer Posaunen und ihrer Stimmen ließen sie die Stadtmauern zum Einsturz bringen.

Eine weitere Top-Sehenswürdigkeit der Stadt ist der Berg der Versuchung, an dem der Teufel Jesus versucht hat in Versuchung zu bringen, nachdem er 40 Tage gefastet hatte. Der Berg ist über eine Seilbahn erreichbar, die auch über die Ausgrabungsstätte Tel Es-Sultan führt. Sie ist die längste Seilbahnstrecke, die komplett unter dem Meeresspiegel verläuft und bietet eine schöne Aussicht über die Stadt und auf den Felsen, die ich trotz meiner kleinen Höhenangst und meinem geringen Vertrauen in die palästinensischen Sicherheitsstandards genießen konnte. Das Kloster scheint mit dem steilen Felsen verschmolzen zu sein. Von hier konnten wir den Ausblick über Jericho bis zum Toten Meer und nach Jordanien genießen.

Da wir in unserer Gruppe einen Mann hatten, der nicht gut zu Fuß war, benötigten wir für den Rückweg länger als die verabredete Zeit. Unser Fahrer wurde nervös und machte sich auf den Aufstieg während wir ihn unten suchten. Wir besuchten noch den Hisham-Palast und fuhren dann wieder zurück nach Jerusalem, wo der Sabbat bereits begonnen hatte.

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