Mein erster Sabbat in Jerusalem

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Ein Sabbat in Jerusalem an der Klagemauer

Der Sabbat in Jerusalem beginnt freitags 36 Minuten vor Sonnenuntergang und damit etwas früher als in anderen Städten (18 Minuten). Er endet am Samstag eine Stunde nach Untergang. In dieser Zeit fahren in Jerusalem keine Busse und viele Restaurants sind geschlossen.

Bei unserer Ankunft waren sowohl orthodoxe als auch säkulare Juden auf dem Weg zur Klagemauer. Viele von Ihnen trugen schwarze Anzüge und Hüte, andere nur eine Kippa. Ich entschloss mich ebenfalls zur Klagemauer zu gehen. Unterwegs traf ich noch eine Gruppe aus meinem Hostel, die vergeblich eine Schischa Bar suchten.

An der Klagemauer angekommen, befand sich vor mir ein Meer aus Menschen. Männer und Frauen feierten getrennt voneinander. Ich setzte mir eine der am Eingang bereitgestellten Kippa auf und mischte mich in das Treiben. Da zu den Frauen dank der strengen Sittenwächter kein Durchkommen war, musste ich mich mit dem männlichen Abschnitt der Mauer begnügen. Während die Frauen tanzten, klagten die Männer an der Mauer, indem sie ihre Köpfe in Richtung Mauer bewegten, und Bibelverse sangen. Leider war das Fotografieren verboten. Ich konnte es mir jedoch nicht nehmen lassen, wenigstens ein paar Fotos von diesem eindrucksvollen Schauspiel zu machen. Ganz Israel schien an dem Ort versammelt zu sein. Wenige Meter oberhalb der Klagemauer versammelten sich währenddessen Muslime auf dem Tempelberg zum Freitagsgebet. In der Vergangenheit war es hier freitags häufig zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten gekommen. Heute blieb es zum Glück ruhig. Die übrigen Touristen und ich bemühten uns redlich, nicht sonderlich aufzufallen; ohne großen Erfolg. Ich nahm mir eine Tora und blätterte sie von vorne nach hinten durch (ohne dabei die Leserichtung von hinten nach vorne der hebräischen Sprache zu berücksichtigen). Die Juden ließen sich dadurch nicht stören. Nachdem die meisten von ihnen gegangen waren, machte auch ich mich auf den Weg ins Hostel.

Proteste am Sabbat in Jerusalem

Vor dem Abrahamhostel hatte sich eine größere Gruppe orthodoxe Juden versammelt. Vom Kleinkind bis zum Großvater waren alle Generationen vertreten. Sie blockierten die Straßen und riefen: „Jahwe“. Den Rest konnte ich nicht verstehen. Ich beobachtete den Protest, der friedlich blieb, aus einer sicheren Entfernung.

Da in dem Hostel Happy Hour war, änderten sich meine Prioritäten und ich ging in die Bar, wo ich auch die Gruppe aus der Altstadt traf. Sie hatten wie erwartet keine Schischa Bar gefunden. Ich bestellte mir ein israelisches Weizenbier für 7 Euro, das seinen Preis in dem Moment wert war. Ein Mitarbeiter fragte uns, ob wir von den Protesten vor dem Eingang etwas mitbekommen hatten und erzählte uns die Hintergründe. Die Protestanten sind aus einer Synagoge gekommen und hatten sich spontan entschlossen, den Sabbat in Jerusalem zu nutzen, um gegen die Lockerung des Busfahrverbots am Sabbat in Tel Aviv zu protestieren. Ob die Menschen in Tel Aviv davon etwas mitbekommen haben, ist allerdings eine andere Frage. Ich unterhielt mich noch mit einem kanadischen Start Up Investor über Unternehmensgründungen und Unternehmertum in Deutschland, Israel und Kanada, bevor ich schlafen ging.

Das Israel Museum

Am Samstagmorgen waren die Straßen während des Sabbats in Jerusalem fast autofrei. Für den Nachmittag hatte ich eine Führung zum Ölberg gebucht. Daher beschloss ich, morgens das Israel Museum zu besichtigen. Allerdings waren drei Stunden viel zu knapp für das Unterfangen. Das Museum erstreckt sich auf 50.000 m² und ich musste mich erstmal orientieren. Da mich vor allem Geschichte interessiert, ging ich zuerst in Richtung des Schreins des Buches, wo ich meine Begleiterin verlor. Auf der Suche nach ihr stieß ich auf ein Modell von Jerusalem, wie es vor 2.000 Jahren existiert haben soll. Es beinhaltet den zweiten Tempel, der auf dem Tempelberg errichtet worden ist. Von ihm ist heute nur noch die Klagemauer erhalten geblieben. Das Modell hat einen Maßstab von 1:50 und ist eine Hauptattraktion des Museums. Beim Anblick fühlte ich mich in die Vergangenheit zurückversetzt. Die angenehm warme Wintersonne tat ihr übriges, damit ich den Moment entspannt genießen konnte. Meine Begleiterin hatte ich längst vergessen.

Nach einer Weile und mit einem wehmütigen Blick auf die Uhr ging ich zurück zu dem Schrein des Buchs und fand dort neben den Schriftrollen vom Toten Meer auch Delfina, die sich bereits auf dem Rückweg befand. In dem Schrein des Buchs war das Fotografieren der Schriftrollen verboten. Das Verbot wurde von den Mitarbeitern des Museums streng bewacht. Wie viele Orte in Israel versprühte auch dieser seine eigene Magie. Ich konnte das Alter der Rollen von 2.000 Jahren fast spüren. Sie waren Ende der 1940 – er Jahren zufällig von einem Beduinen Jungen gefunden worden und sind einer der bedeutendsten historischen Funde des letzten Jahrhunderts. Auch diesen Moment nahm ich in mir auf, ohne ihn richtig genießen zu können, da ich immer wieder auf die Uhr blickte und mich zur Eile ermahnte. Ich beschloss mir noch die archäologische Abteilung anzusehen. Und auch hier kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Hier befanden sich teilweise tausende Jahre alte Artefakte. Der Abschnitt verdeutlicht die spannende Geschichte Israels. Allerdings sollte man für den Besuch viel mehr Zeit einplanen, als drei Stunden. Ich konnte mein Zeitmanagement nicht umsetzen und musste mich auf den Weg zum Tour Treffpunkt machen, bevor ich mir alle Stationen anschauen konnte.

Die Ölberg Tour

Unser Guide war ein amerikanischer Jude, der in Israel Geschichte studiert hatte, sich entschied in dem geschichtsträchtigen Land zu bleiben und im Anschluss eine 2-jährige Ausbildung zum Tourguide absolviert hat. Der Ölberg befindet sich in Ostjerusalem und
wurde bis zum 6-Tage Krieg  von Jordanien besetzt. Heute leben in Ostjerusalem immer noch hauptsächlich Araber. Zuletzt war Ostjerusalem Hauptstreitpunkt des Friedensplans der Vereinigten Staaten für Israel und Palästina. In der Bibel, genauer im Buch Sacharja heißt es, dass Gott an diesem Ort die Toten erlösen wird, wenn der Messias zurückkehrt. Daher
sind die Plätze auf dem Friedhof heiß begehrt. Bis zu 100.000 € kosten zahlen gläubige Juden für ein Grab an dieser heiligen Stätte. Auch für die Christen ist der Berg heilig. Hier befindet sich die Stelle, an der Jesus in den Himmel gefahren ist. Heute steht dort eine von Saladin errichtete Moschee, zu der Christen Zugang haben.  

Neben der Himmelfahrtskirche befinden sich auf dem Ölberg noch die Paternosterkirche, die Gräber des Propheten, wo die Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi begraben sein sollen und die Maria Magdalena Kirche, eine orthodoxe Kirche russischer Bauart. Die Kirche der
Nationen befindet sich an der Stelle, an der Jeus in der Nacht gebetet haben sollte, an dem er verraten wurde. Hier befindet sich auch der Garten Gethsemane, in dem Jesus von Judas verraten wurde. Die Ölbäume in dem Garten sind steinalt. Legenden erzählen, dass sie aus der Zeit Jeus stammen. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie von den Kreuzfahrern gepflanzt wurden und daher „nur“ 900 Jahre alt sind. Ebenfalls auf dem Berg befindet sich das Mariengrab. Der Überlieferung handelt es sich um die letzte Ruhestätte Marias.

Neben all den Heiligtümern bietet der Ölberg einen wunderschönen Blick auf Jerusalem im Allgemeinen und insbesondere auf den Tempelberg. Mit der Tour endete mein kurzer Aufenthalt in Jerusalem. Gegen Ende der Tour erfolgte der Sonnenuntergang und mit ihm endete mein erster Sabbat in Jerusalem. Die Busbetriebe nahmen ihre Arbeit wieder auf und ich konnte mich auf den Weg Leider hatte ich nur kurz die Gelegenheit, den Tempelberg zu
besuchen. Ich hätte auch gerne mehr Zeit im Israel Museum verbracht und
Yad Vashem, das Holocaustdenkmal, besucht. Leider konnte ich nicht alle
Sehenswürdigkeiten in Israel während meines 10-tägigen Aufenthalts
besuchen.Die Busbetriebe nahmen ihre Arbeit wieder auf und ich konnte mich auf den Weg nach Tel Aviv machen, meinem letzten Stopp auf meiner Reise durch das heilige Land. 

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